02.05.2013, 17:39
Zitat:Original von Vette58
Bei diesen ganzen Vergleichsrechnungen fällt mir immer wieder der Begriff "Pseudogenauigkeit" ein. Es wird auf die x-te Stelle hinter dem Komma genau gerechnet. Dabei bleibt unklar, wie genau die Eingangswerte gemessen werden. Wie hoch ist denn die Messgenauigkeit der Leistungsprüfstände? 2% oder genauer?
Bei der Messgenauigkeiten muss man immer zwischen stochastischen und systematischen Fehlern unterscheiden.
Die stochastischen Fehler sieht man dann, wenn man die gleiche Messung mehrfach hintereinander durchführt, und dann unterschiedliche Ergebnisse erhält. Da hat man bei einer Leistungsmessung schon das Problem, dass auch das Auto nicht jedesmal exakt die gleiche Leistung abgibt.
An meinem Prüfstand sind die stochastischen Fehler sehr klein, aufgrund der Messtechnik nahe Null.
Dann gibt es verschiedene systematische Fehler. Dazu gehört zum Beispiel, dass ich an meinem Prüfstand mit einer Wirbelstrombremse arbeite. Das Drehmoment der Bremswirkung wird mit einer Kraftdose gemessen. Die Kalibrierung kann man sehr genau machen, mit einem Fehler weit unter 1%. Aber: Solche Kraftdosen driften, d.h. die messen am einen Tag mal mehr, und am nächsten mal weniger. In der Praxis hat man dadurch eine Fehler der auch mal in Richtung 0,5% gehen kann. (Ich prüfe das täglich, und habe dadurch in der Praxis vielleicht bessere Ergebnisse.)
Der größte Fehler entsteht bei der Umrechnung von der gemessenen "Rad"-Leistung, wobei das eigentlich die Leistung ist, die vom Rad an den Boden abgegeben wird, zur Leistung des Motors. Die Schleppleistung kann man recht genau messen (im Ausrolltest), aber zu der Schleppleistung kommen unter Last weitere Verluste. Und über die Größe dieser Verluste muss man Annahmen machen. Hat eine normale C6 Z06 im vierten Gang eine Verlustleistung von 9%, wie sieht es dann im fünften Gang aus? Sind es da 10% oder 11%? Wie sieht es aus, wenn ein kürzeres Differential eingebaut wird?
Da kann man schnell um 1% oder 2% daneben liegen.
Außerdem gibt es Rahmenbedingungen, die sich eben nie so sauber reproduzieren lassen, wie auf einem Motorenprüfstand. Für den Motorenprüfstand schreiben die neuen Normen recht genau vor, wie gemessen werden soll. Vieles davon läßt sich in der Form aber gar nicht an einem Rollenprüfstand reproduzieren.
Größtes Problem dabei ist die Konditionierung der Ansaugluft, und wie man deren Temperatur mißt. Da kann ein besserer oder schwächerer Lüfter vor dem Auto schon mal schnell 10 PS Unterschied ausmachen.
Auch die Belüftung des Messraums macht einen großen Unterschied. Ist der Raum schlecht belüftet, kommt bei der Messung weniger raus.
Und das läßt sich nicht alles durch eine normgerechte Messung erfassen oder kompensieren. An meinem Prüfstand wird die Temperatur laufend gemessen, und jeder einzelne Messwert mit der aktuellen Temperatur korrigiert. Hat man einen Prüfstand, bei dem man die Temperatur eingeben muss, dann können sich allein dadurch bei der Messung Fehler ergeben.
Deshalb sind 10 PS Unterschied von Prüfstand zu Prüfstand völlig okay. 10PS sind bei einem 500PS Auto gerade mal 2%. Wenn die Abweichung nur 10PS beträgt, dann ist das eine gute Übereinstimmung. Bei 30PS muss man sich schon Gedanken machen, was da schief gelaufen ist.
Bei praktisch allen Leistungssteigerungen machen wir eine Messung vorher und nachher. Da hat man also ganz gut reproduzierbare Bedingungen. Selbst wenn bei der Eingangsmessung ein systematischer Fehler mit 10PS drin war, dann ist bei der Abschlussmessung der gleiche Fehler drin. In der Differenz, also bei der Frage was das Ganze gebracht hat, taucht der Fehler nicht mehr auf.
Dyno-Center, Hans-Böckler-Str. 13, 40764 Langenfeld, Tel. 02173-9377070