12.04.2006, 20:51
OLDTIMER-SZENE
Ende des 07-Kennzeichens für Youngtimer
Eine Bundesrat-Entscheidung erregt die Oldtimer-Szene: Das Wechselkennzeichen mit der "07" am Anfang fällt weg und damit eine günstige Möglichkeit, mit betagten Autoschätzchen unterwegs zu sein. Die Experten sehen die automobile Kultur bedroht.
Castrop-Rauxel - Für alte Autos gibt es zwei mögliche Wege: Entweder sie gammeln vor sich hin und landen schließlich in der Schrottpresse - oder es findet sich ein Liebhaber, der das alte Blech pflegt und dem Wagen die Möglichkeit gibt, zum Oldtimer zu werden. Mitentscheidend dafür ist die Frage, was es kostet, den Wagen zu erhalten. Dazu war bei Autos im Alter von 20 bis 30 Jahren bisher das sogenannte 07-Kennzeichen beliebt. Es bietet einen günstigen Kraftfahrzeugsteuersatz und ermöglicht - mit Einschränkungen - das Fahren. Doch nun herrscht in der Oldtimer-Szene Aufregung: Denn vom Jahr 2007 an wird das "07-Kennzeichen" wohl nicht mehr vergeben.
Mehr als zehn Jahre lang konnten Besitzer der sogenannten Youngtimer auf das "07-Kennzeichen" zurückgreifen. "Eingeführt wurde das Kennzeichen im Jahr 1994", erläutert Maik Hirschfeld, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Motorveteranen Clubs (Deuvet) in Berlin. Die umgangssprachliche Bezeichnung erhielt das Kennzeichen, weil die Ziffernfolge darauf stets mit "07" beginnt.
Auch wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Kennzeichens sich je nach Zulassungsstelle unterschieden und immer noch unterscheiden, sieht die Regel im Grunde so aus: Wer im Besitz von erhaltenswerten Fahrzeugen ab einem Alter von 20 Jahren ist, kann das Wechselkennzeichen beantragen. Mit ihm dürfen dann mehrere Autos zu Klassikerveranstaltungen und ähnlichen Ereignissen bewegt werden. Die Kraftfahrzeugsteuer beträgt pauschal 191 Euro.
Hohe Steuersätze für Autos ohne Kat
Ins Gerede kam das Kennzeichen unter anderem deshalb, weil manche Besitzer alter Autos auf die Idee kamen, dies sei eine gute Möglichkeit, preiswert im Alltag unterwegs zu sein. Daher hat der Bundesrat am 10. Februar zugestimmt, dass das rote "07-Kennzeichen" von 2007 an nur noch bei einem Fahrzeugalter von mindestens 30 Jahren erteilt wird. Bei einem solchen Alter kann aber auch schon das "H-Kennzeichen" für "echte" Oldtimer beantragt werden.
Auch wenn noch Unterschriften der Ministerien ausstehen, wird es wohl bei dieser Neuregelung bleiben. "Ich wage zu bezweifeln, dass sich noch etwas ändert", meint Markus Schäpe, Verkehrsjurist des ADAC in München. Eine Folge für Halter von 20 Jahre alten Autos ist, dass sie den Wagen regulär zulassen und mehr Kraftfahrzeugsteuer zahlen müssen. Statt der Pauschale werden dann die üblichen Sätze für Autos ohne Abgasreinigung fällig. Bei zwei Litern Hubraum sind es rund 500 Euro. Eigner von Fahrzeugen mit großvolumigen Motoren müssen sich gar auf vierstellige Summen einstellen.
Während klar ist, dass es keine neuen "07-Nummern" mehr geben wird, fragen sich viele Klassiker-Liebhaber, was mit den schon erteilten Kennzeichen geschieht. Immerhin sind laut Maik Hirschfeld rund 41.000 dieser Kennzeichen unterwegs. "Viele Halter haben sich darauf verlassen, dass alles so bleibt, wie es ist", sagt Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Data in Castrop-Rauxel.
Doch die Realität sieht anders aus: Laut Wilke wurden Kennzeichen unter drei verschiedenen Voraussetzungen erteilt. "Beim Gros handelt es sich um befristet erteilte 07-Kennzeichen. Diese werden wohl auslaufen." Das bedeutet: Ist die Frist um, muss der Halter den Wagen mit einem anderen Kennzeichen zulassen. "Die zweite Variante sind unbefristet erteilte Kenzeichen mit Widerrufsvorbehalt", erläutert Wilke. Hier könnte den Angaben zufolge eine Rückgabe des Kennzeichens verlangt werden. Einige wenige Kennzeichen sind dann noch - der dritte Fall - unbefristet ohne Widerrufsvorbehalt erteilt worden.
Auswirkung auf ganzen Geschäftszweig
Was im Einzelfall zutrifft, steht in den Fahrzeugpapieren. Doch auch wenn die wenigen Nutzer der unbefristet erteilten Kennzeichen ohne Widerrufsvorbehalt sich einige Hoffnung auf weitere Nutzung des "07-Kennzeichens" machen können - allzu sicher sollten sie sich nicht sein. "Wie es damit weitergeht, wird rechtlich eine spannende Sache", meint ADAC-Jurist Schäpe. Unter Umständen könnte auch die Erteilung dieser Kennzeichen rückgängig gemacht werden.
Die Experten sehen aber noch ein ganz anderes Problem. "Unsere Hauptsorge ist der Nachwuchs", sagt Mike Hirschfeld. Schließlich kommt mancher Oldtimer-Liebhaber über den in der Jugend günstig erworbenen Youngtimer dauerhaft zu dem Hobby. Sind die Kosten für die Fahrzeugnutzung jedoch zu hoch, erschwert dies den Einstieg.
"Gerade bei den 20 bis 30 Jahre alten Autos mit großvolumigen Motoren wird sich die Änderung in einem sehr zurückhaltenden Kaufverhalten auswirken", schätzt Frank Wilke. Das wiederum könnte Auswirkungen auf einen ganzen Geschäftszweig haben - denn die Lust am alten Auto ist kein Nischenhobby.
"Laut einer von uns in Auftrag gegebenen Studie wird mit Oldtimern in Deutschland jährlich ein Umsatz von 4,5 Milliarden Euro gemacht. Dazu gehören Autoverkäufe ebenso wie Fan-Artikel", sagt Wilke. "In den letzten Jahren waren daran in verstärktem Maße die Youngtimer im Alter ab 20 Jahren beteiligt." Vom Jahr 2007 an wird sich dann zeigen, ob künftig die Oldtimerhändler oder die Betreiber von Schrottpressen die besseren Umsätze machen.
Von Heiko Haupt, gms
Ende des 07-Kennzeichens für Youngtimer
Eine Bundesrat-Entscheidung erregt die Oldtimer-Szene: Das Wechselkennzeichen mit der "07" am Anfang fällt weg und damit eine günstige Möglichkeit, mit betagten Autoschätzchen unterwegs zu sein. Die Experten sehen die automobile Kultur bedroht.
Castrop-Rauxel - Für alte Autos gibt es zwei mögliche Wege: Entweder sie gammeln vor sich hin und landen schließlich in der Schrottpresse - oder es findet sich ein Liebhaber, der das alte Blech pflegt und dem Wagen die Möglichkeit gibt, zum Oldtimer zu werden. Mitentscheidend dafür ist die Frage, was es kostet, den Wagen zu erhalten. Dazu war bei Autos im Alter von 20 bis 30 Jahren bisher das sogenannte 07-Kennzeichen beliebt. Es bietet einen günstigen Kraftfahrzeugsteuersatz und ermöglicht - mit Einschränkungen - das Fahren. Doch nun herrscht in der Oldtimer-Szene Aufregung: Denn vom Jahr 2007 an wird das "07-Kennzeichen" wohl nicht mehr vergeben.
Mehr als zehn Jahre lang konnten Besitzer der sogenannten Youngtimer auf das "07-Kennzeichen" zurückgreifen. "Eingeführt wurde das Kennzeichen im Jahr 1994", erläutert Maik Hirschfeld, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Motorveteranen Clubs (Deuvet) in Berlin. Die umgangssprachliche Bezeichnung erhielt das Kennzeichen, weil die Ziffernfolge darauf stets mit "07" beginnt.
Auch wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Kennzeichens sich je nach Zulassungsstelle unterschieden und immer noch unterscheiden, sieht die Regel im Grunde so aus: Wer im Besitz von erhaltenswerten Fahrzeugen ab einem Alter von 20 Jahren ist, kann das Wechselkennzeichen beantragen. Mit ihm dürfen dann mehrere Autos zu Klassikerveranstaltungen und ähnlichen Ereignissen bewegt werden. Die Kraftfahrzeugsteuer beträgt pauschal 191 Euro.
Hohe Steuersätze für Autos ohne Kat
Ins Gerede kam das Kennzeichen unter anderem deshalb, weil manche Besitzer alter Autos auf die Idee kamen, dies sei eine gute Möglichkeit, preiswert im Alltag unterwegs zu sein. Daher hat der Bundesrat am 10. Februar zugestimmt, dass das rote "07-Kennzeichen" von 2007 an nur noch bei einem Fahrzeugalter von mindestens 30 Jahren erteilt wird. Bei einem solchen Alter kann aber auch schon das "H-Kennzeichen" für "echte" Oldtimer beantragt werden.
Auch wenn noch Unterschriften der Ministerien ausstehen, wird es wohl bei dieser Neuregelung bleiben. "Ich wage zu bezweifeln, dass sich noch etwas ändert", meint Markus Schäpe, Verkehrsjurist des ADAC in München. Eine Folge für Halter von 20 Jahre alten Autos ist, dass sie den Wagen regulär zulassen und mehr Kraftfahrzeugsteuer zahlen müssen. Statt der Pauschale werden dann die üblichen Sätze für Autos ohne Abgasreinigung fällig. Bei zwei Litern Hubraum sind es rund 500 Euro. Eigner von Fahrzeugen mit großvolumigen Motoren müssen sich gar auf vierstellige Summen einstellen.
Während klar ist, dass es keine neuen "07-Nummern" mehr geben wird, fragen sich viele Klassiker-Liebhaber, was mit den schon erteilten Kennzeichen geschieht. Immerhin sind laut Maik Hirschfeld rund 41.000 dieser Kennzeichen unterwegs. "Viele Halter haben sich darauf verlassen, dass alles so bleibt, wie es ist", sagt Frank Wilke vom Marktbeobachter Classic Data in Castrop-Rauxel.
Doch die Realität sieht anders aus: Laut Wilke wurden Kennzeichen unter drei verschiedenen Voraussetzungen erteilt. "Beim Gros handelt es sich um befristet erteilte 07-Kennzeichen. Diese werden wohl auslaufen." Das bedeutet: Ist die Frist um, muss der Halter den Wagen mit einem anderen Kennzeichen zulassen. "Die zweite Variante sind unbefristet erteilte Kenzeichen mit Widerrufsvorbehalt", erläutert Wilke. Hier könnte den Angaben zufolge eine Rückgabe des Kennzeichens verlangt werden. Einige wenige Kennzeichen sind dann noch - der dritte Fall - unbefristet ohne Widerrufsvorbehalt erteilt worden.
Auswirkung auf ganzen Geschäftszweig
Was im Einzelfall zutrifft, steht in den Fahrzeugpapieren. Doch auch wenn die wenigen Nutzer der unbefristet erteilten Kennzeichen ohne Widerrufsvorbehalt sich einige Hoffnung auf weitere Nutzung des "07-Kennzeichens" machen können - allzu sicher sollten sie sich nicht sein. "Wie es damit weitergeht, wird rechtlich eine spannende Sache", meint ADAC-Jurist Schäpe. Unter Umständen könnte auch die Erteilung dieser Kennzeichen rückgängig gemacht werden.
Die Experten sehen aber noch ein ganz anderes Problem. "Unsere Hauptsorge ist der Nachwuchs", sagt Mike Hirschfeld. Schließlich kommt mancher Oldtimer-Liebhaber über den in der Jugend günstig erworbenen Youngtimer dauerhaft zu dem Hobby. Sind die Kosten für die Fahrzeugnutzung jedoch zu hoch, erschwert dies den Einstieg.
"Gerade bei den 20 bis 30 Jahre alten Autos mit großvolumigen Motoren wird sich die Änderung in einem sehr zurückhaltenden Kaufverhalten auswirken", schätzt Frank Wilke. Das wiederum könnte Auswirkungen auf einen ganzen Geschäftszweig haben - denn die Lust am alten Auto ist kein Nischenhobby.
"Laut einer von uns in Auftrag gegebenen Studie wird mit Oldtimern in Deutschland jährlich ein Umsatz von 4,5 Milliarden Euro gemacht. Dazu gehören Autoverkäufe ebenso wie Fan-Artikel", sagt Wilke. "In den letzten Jahren waren daran in verstärktem Maße die Youngtimer im Alter ab 20 Jahren beteiligt." Vom Jahr 2007 an wird sich dann zeigen, ob künftig die Oldtimerhändler oder die Betreiber von Schrottpressen die besseren Umsätze machen.
Von Heiko Haupt, gms