Zitat:Die hungrigen Holländer aus Hilversum
Kroymans will den Umsatz bis 2008 auf drei Milliarden Euro steigern
Harald Hamprecht
Automobilwoche/9. Mai 2005

Hilversum. Ton van Soest ist ein Freund großer Visionen. „Wir wollen dazu beitragen, Qualität in der automobilen Welt neu zu definieren“, wirbt der Vorstandschef der holländischen Kroymans-Gruppe im Gespräch mit Automobilwoche. Der fragmentierte Autohandel in Europa erfordere „ein paar Spieler mit ausreichenden finanziellen Mitteln“ – und sein Unternehmen soll unbedingt dazugehören.

Die Ausgangslage ist gut. In 27 Ländern Europas vertreiben die Holländer derzeit Autos von 17 Marken. Mit dem Verkauf von 45.000 Neu- und 15.000 Gebrauchtwagen sowie den übrigen Aktivitäten wurde vergangenes Jahr ein Umsatz von 1,7 Milliarden und ein Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in Höhe von 132 Millionen Euro erzielt. Das Geld kann komplett in die Gruppe reinvestiert werden, weil Großaktionär Frits Kroymans bis 2007 auf eine Dividende verzichtet. Der Investitionsrahmen ist zudem durch Bankenkredite gut gesichert. „Unsere Kreditlinie liegt für den Vertrieb bei 220 Millionen Euro und beim Leasing bei 548,5 Millionen Euro“, verrät van Soest. Inklusive aller Lieferantenkredite verfüge Kroymans über ein Finanzierungspotenzial von rund einer Milliarde Euro.

Ein Teil des Geldes wird im laufenden Jahr in den Ausbau des Handelsnetzes gesteckt. Von den insgesamt 50 Millionen Euro, die 2005 hierfür zur Verfügung stehen, sind rund 20 Millionen Euro für „Cadillac & Corvette Experience Center“ (CCEC) bestimmt. Bis 2006 sollen europaweit insgesamt 35 CCEC entstehen, in die jeweils zwischen drei und fünf Millionen Euro investiert werden.

Das Gros der Gesamtinvestitionen von 150 Millionen Euro für den Zeitraum von 2004 bis 2006 entfällt auf den Import und Vertrieb von Autos des General Motors-Konzerns, den Kroymans seit Oktober 2003 exklusiv betreibt. Das Geschäft entwickelt sich nur langsam: Für 2005 rechnet die Gruppe mit einem europaweiten Verkauf von 7.000 Autos der Marken Cadillac, Corvette und Chevrolet. Dennoch will van Soest, der seit 2001 an der Spitze von Kroymans steht, die Zusammenarbeit ausbauen: Im zweiten Halbjahr sollen die Verhandlungen über einen Importeursvertrag für die Marke GMC fortgeführt werden. Auch die Marke Hummer will Kroymans ins Angebot nehmen. Dazu soll zunächst das Vertriebsnetz weiter verdichtet werden. Van Soest hat in Europa 50 offene Punkte ausgemacht, davon 22 in Deutschland, die er bis Jahresende selbst oder mit Partnern besetzen will.

Van Soests Erfolgsrezept heißt „Total Mobility Concept“: Für alle Automarken, welche die Holländer vertreiben, bieten sie auch Ersatz- und Zubehörteile, Finanzdienstleistungen sowie Verleih- und Reparaturdienste. Dazu kaufte Kroymans erst vor wenigen Monaten die Großhandelskette Lasaulec mit mehr als 50 Niederlassungen in Holland.

Gleichzeitig baut Kroymans das Leasinggeschäft weiter aus. „Mit DirectLease.nl sind wir in den Niederlanden bereits sehr aggressiv und erfolgreich“, sagt van Soest, der früher für die heutige VW-Tochter LeasePlan tätig war. Vor kurzem ist die Gruppe auch in Belgien mit einem internet gestützten Leasinganbieter gestartet. Deutschland soll „spätestens zur Jahresmitte“ folgen.

Noch ist Kroymans mit sämtlichen Dienstleistungen und Automarken nur in Holland flächendeckend aktiv. Doch das will der Vorstandschef schnellstmöglich ändern. Deutschland, Österreich und die Schweiz zählt er zu den „strategischen Zielmärkten“ des Unternehmens, dessen Umsatz bis 2008 auf rund drei Milliarden Euro klettern soll. Die Expansion ist für van Soest kein Selbstzweck, sondern Notwendigkeit, um eine kritische Masse zu erreichen. „Wir achten sehr wohl darauf, dass wir uns bei allem Appetit nicht überessen und verschlucken.“